Der Asterisk





Ein neues sprachliches Phänomen macht sich breit, um über die Sprachgestaltung Geschlechtergerechtigkeit herzustellen oder in die Köpfe starrsinniger, ewig Gestriger einzubrennen. Es ist kein Ei, also der gescheiterte Versuch einen Kreis zu malen, sondern der Asterisk. Nein, nicht Asterix, sondern Asterisk, bei den Anwender*innen meist in Unkenntnis einfach Sternchen genannt, so wie manch einer Tüddelchen sagt und dabei eine lustige kleine Geste mit den Fingern neben dem Kopf macht, wenn er An- oder Abführungszeichen meint. Vor wenigen Jahren war man sich der Geschlechtervielfalt noch nicht so bewusst, da haben dann Halbbewusste ein großes „I“ mitten in Worte eingebaut, damit zumindest das weibliche Geschlecht auch vorkommt. Interessanter Weise haben sich diese Sprach- und GeschlechterforscherInnen nicht daran gemacht wirkliche Dramen der deutschen Sprache zu erforschen, anzuprangern und streichen zu lassen: Der Ursprung des Wortes herrlich etwa ist das Wort Herr, der des Wortes dämlich Dame. Nun würde die klassische Literatur unter der Austreibung solcher Worte wie Dame und Herr natürlich zur Unkenntlichkeit verdammt – stammt von Damm, nicht Dame –, aber der Gleichstellung wäre gedient – oder nicht?

Völlig klar, die Hühner, unsere sind sämtlich weiblich, interessieren sich weder für Damen oder Herren. Man merkt ihnen aber an, wenn sie beispielsweise das Wetter oder ein Nahrungsangebot herrlich finden – das Unwort lecker, das gleichermaßen Salami, Joghurt und Schokolade zu beschreiben sucht, meiden sie in meiner Gegenwart aus gutem Grund! Den Fuchs finden sie, gelinde gesagt doof, da er aber dem Sprichwort nach, schlau ist, halten sie ihn nicht für dämlich, führt er sich doch herrisch oder präziser, mörderisch auf. Sie würden, obwohl man ihnen nicht wirklich Klugheut nachsagt, keinesfalls den Fuchs zum Leader of the Pack wählen, also jemanden der vor hat, sie zu fressen, wie etwa die Unionsparteien seit Jahrzehnten mit Vehemenz jedwede Gleichberechtigung der Geschlechter als Firlefanz abtun und solche Figuren wie der Merz etwa haben sich sogar gegen ein Gesetz zur Vergewaltigung in der Ehe ausgesprochen. Wählten die Geschlechterexpert*innen mit diesem Bewusstsein, wäre der Gleichberechtigung und vielen anderen zukunftsweisenden Themen gedient. Jetzt habe ich viele Worte gemacht und wenig gesagt, aber das könnte dann auch die Zukunft des Journalismus sein, wenn Journalist*innen, die den Asterisk für ein Sternchen halten, seitenweise Botschaften über die Royals schreiben und immer jede Menge extra Zeichen verbrauchen, die sie dringlich für Inhalte brauchten, gäbe es welche.

Aber das System, von Inhalten durch Sprache abzulenken ist ein altbekanntes. Der Fußballkommentator im Fernsehen etwa spricht voller Aufregung, Vehemenz und Lautstärke all das, was der geneigte Zuschauer ohnehin sieht. In manchen Parlamenten werden durch bloßes Dauergebrabel Abstimmungen verhindert, in anderen wird dauergebrabelt, weil es traditionell so ist, dass wenn man eine Meinung mit keinerlei Wissen paart, man besonders viele Worthülsen braucht, um das Unwissen zu verschleiern. Der Asterisk erscheint mir dabei wie eine Sternschnuppe, die für einen Moment Aufmerksamkeit auf sich zieht, mir aber auch Dinge bewusst macht, die ich mir nicht bewusst machen wollte, wie etwa das sexuelle Verhalten oder auch nur die sexuelle Präferenz von Politikern. Und um das Kopfkino zu vervollständigen, ich habe es über die Jahrzehnte bevorzugt, mir weder Franz-Joseph Strauß, Herbert Wehner, die beiden Helmuts oder Angela Merkel als geschlechtliche Wesen vorzustellen und möchte das auch beibehalten, mindestens so lange, bis auch das letzte Huhn verstanden hat, was ein Asterisk ist.

Nachtrag: Grundsätzlich möchte ich, vielleicht bedingt durch mein Alter, generell eher weniger über die Sexualität anderer wissen, sie ist mir grundsätzlich egal, außer sie nimmt krankhafte Züge an.

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