Nutztier?

Gestern tauchten in einem Gespräch mit meiner Frau und einer engen Freundin ganz selbstverständlich Begriffe auf, die mir dann doch nachhaltig Gedanken machen. Ich tendiere dazu, Berechnungen anzustellen, um mir Wertigkeiten zu verdeutlichen und Relationen herzustellen. Eine der für mich schockierendsten Berechnungen ist dabei die der Zeit oder genauer, der Lebenszeit. So bin ich 23 Jahre nach der Naziherrschaft über Deutschland geboren, 23 Jahre nach dem zerstörerischsten Krieg, der bisherigen Menschheitsgeschichte. Inzwischen ist dieser Ausgangspunkt in scheinbar weite Ferne gerückt, es sind 76 Jahre vergangen, die letzte Nissenhütten verschwunden und fast alle Baulücken in Hamburg wieder geschlossen. Hin und wieder werden hier und da noch Fliegerbomben geräumt und Menschen vorübergehend evakuiert. In seltenen Fällen geschieht es, dass noch ein Sprengmeister sein Leben verliert. Inzwischen sind auch 32 Jahre seit dem Mauerfall vergangen, was für viele Menschen offensichtlich die ideologischen Wirren der Nazis neuerlich denkbar macht, wenn man denn von Denken sprechen kann.

Aber ab von diesen für mich schwer erfassbaren Zeitspannen gibt es weitaus kürzere, die mir ebenfalls Probleme bereiten: Ein gewöhnliches Hühnerleben dauert etwa fünf bis sieben Jahre. In den fruchtbaren ersten Jahren legt das Huhn etwa 180 bis 250 Eier pro Jahr. Gestern tauchte in diesem Zusammenhang der Begriff Nutztier auf und verschiedene Schlachtmethoden wurden besprochen für grausam oder weniger grausam befunden. Dabei gingen mir grundsätzliche Erwägungen durch den Kopf. Ein Huhn schmeckt noch gut, wenn es nach zwei, maximal drei Jahren geschlachtet wird. Dann ist es auch mit dem Eierlegen nicht mehr so doll. Aber irgendwie hätte das Huhn ja eigentlich noch die andere Hälfte seines Lebens als Rentnerin vor sich, könnte neue Wege ausprobieren und andere Erfahrungen sammeln. So brachte mich der Zeitfaktor dann dazu den Begriff Nutztier auszusprechen und dabei zu hinterfragen. Die Bundes-Julia will nun in trauter Zusammenarbeit mit den Bauernverbänden, die artgerechte Haltung der Nutztiere fördern, indem sie deren Fleischpreis um 40 Cent pro Kilo anhebt. Das hilft  den Nutztieren wenig, über deren Preis gerade gesprochen wird, denn sie erleben die Verbesserungen natürlich nicht.



Das Leben eines Huhns erschien mir bisher – aus reiner Unkenntnis  – vollkommen ereignislos, monoton, wie in diesem Lied. Und vielleicht ist es das ja auch, aber die Diversität in Lautstärke und Tonlage der Kommunikation, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten beim Laufen, wie beim Verstehen wirken auf mich trotz des Federmantels irgendwie menschlich. Da sind Aufgeregtheiten, die auf Unverständnis basieren und zu lautem Geschrei führen. Erst wenn das Huhn versteht, beruhigt es sich und tut so, als habe es das natürlich alles schon immer gewusst. Das ist ja beim Menschen ähnlich. Und so hat mir heute Nacht eine weitere Berechnung geholfen etwas zu verstehen, was noch nicht ganz bei allen angekommen ist, aber unausweichlich sein wird: Ein „normales“ modernes Auto mit Verbrennungsmotor fährt im Laufe seines Lebens etwa 400.000 Kilometer, dann nervt es einfach wegen seiner zahlreichen Zipperlein, wird verschrottet oder großzügig auf den afrikanischen Kontinent verschifft, wo es dann noch weitere 800.000 Kilometer rumgegurkt wird. Aber wenn man jetzt also diese 400.000 Kilometer mit einem niedrig angesetzten Verbrauch von 6 Litern ansetzt, dann verbraucht dieses eine Auto in seinem europäischen Leben 24.000 Liter Sprit, das ist das Volumen eines halben Tanklastzugs. Unser E-Auto verbraucht knapp 15 Kilowattstunden auf Hundert Kilometer. Eine moderne Windkraftanlage hat heutzutage locker 2 Megawatt Leistung, könnte also 133 Autos im Dauerbetrieb halten – jedes Auto könnte 2400 Kilometer am Tag fahren. Oder anders gesagt, führe unser Auto 400.000 Kilometer verbrauchte es 60 Megawattstunden, dafür müsste sich das Windrad 30 Stunden drehen, also 1,25 Tage. Führen wir also 32.000 Kilometer im Jahr, müsste sich das Windrad in jedem Jahr 2,4 Stunden lang drehen. 1,25 Tage sind zwar im Leben eines Huhns – Nutztier oder nicht – eine recht lange Zeit, aber im Leben eines Menschen doch nicht so sehr viel, manche Ehe hält 25 Jahre also 9131 Tage oder mehr, etwa so lange funktioniert auch ein Windrad.


Kommentare

  1. 15,000 watss for 100 km. Plus battery kosts... (Lithium, transport blah blah... ) And a windmill for every 350 cars. Thats a fuck of a lot of windmills!!!! Actually, Because of limitations of physical space, Germany can do maximal 30% windmill as alternative energy.. (check out magazine: 'Energie Depeche,' super... and Baukhauf has a retirement fund for the chickens.. 10 cents an egg!

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    1. 365 e-mobiles could run 32000 kilometers each on a single mill or 133 e-mobiles could run 100 kilometer on a mill running one hour, that makes 3192 e-mobiles going a hundred kilometers on one mill every day. You would need 1920 liters or 19.2 m3 for a single car with combustion engine that needs only 6 liters at a hundred kilometers to drive those 32000 kilometers. And I guess production of both should be quite equal ecowise?
      Our chickens are still very young and I guess we will keep them till they are old. We will have an intergenerational contract organized for them. The Chicken Union

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